Dissertationen am Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft
Laufende Dissertationen
Written translation as an interpersonal phenomenon: Perspective taking and target audience orientation in the translation process
Matthias Apfelthaler
Arbeit an der Dissertation seit: 2011
Kurzbeschreibung: Ziel der Dissertation ist es, durch theoretische Reflexion sowie Erhebung und Interpretation empirischer Daten die kognitive Fähigkeit von ÜbersetzerInnen zu beschreiben, die es diesen ermöglicht, sich im Übersetzungsprozess an der Zielgruppe zu orientieren. Für den theoretischen und methodischen Rahmen wird auf Erkenntnisse aus der Translationswissenschaft, Psychologie, Philosophie, Kognitionswissenschaft und den Neurowissenschaften zurückgegriffen. Das Konzept der Perspektivenübernahme scheint besonders geeignet, die kognitiven Abläufe bei der Zielgruppenberücksichtigung zu erfassen. In einer quantitativ und qualitativ ausgerichteten Studie werden daher gezielt die Zusammenhänge zwischen Perspektivenübernahmefähigkeit, Produktdaten, Prozessdaten und der Selbstbeschreibung der Versuchsteilnehmer:innen empirisch erhoben und analysiert. Die eingesetzten Erhebungsmethoden sind Schreib-Logging/Screen-Logging, retrospektive Kommentierung (cued), Translatanalyse sowie psychologische Tests und Befragung mittels Fragebögen. Mit der Dissertation wird ein Beitrag zur kognitiven Modellierung des Verhaltens von Übersetzer:innen im Übersetzungsprozess, zur Kompetenz-/Expertise-Diskussion und zum in vielen übersetzungswissenschaftlichen Ansätzen präsenten Thema der Zielgruppenorientierung geliefert.
Keywords: Perspektivenübernahme, Zielgruppe, Übersetzungsprozess, kognitive Übersetzungswissenschaft
Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Hanna Risku
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation: Kognition und Kooperation
Silicon Valley versus öffentliche Universität: Einsatz von KI-Technologien in der Translationsausbildung in oligarchischen Verhältnissen
Carole Bourgadel
Arbeit an der Dissertation seit: Oktober 2021
Kurzbeschreibung: In meiner Dissertation geht es um die Monopolstellung der GAFAM (Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft) in der Translationsausbildung von KI-basierten Technologien. Mein Forschungsschwerpunkt behandelt folgende Hauptfragen: Ist es heutzutage überhaupt möglich, auf staatlich-institutioneller Ebene jenseits der GAFAM technologisch zu agieren? Wenn ja, wie kann man auf universitärer Ebene eine Translationsausbildung anbieten, ohne komplett unter der Kontrolle der GAFAM zu stehen? Welche Voraussetzungen wären notwendig, um dieses ‚utopische‘ Ziel in der Praxis zu erreichen? Welche Mittel und Akteure müssten mobilisiert werden, damit dieses Vorhaben erreichbar wird? Kann es einen demokratischen, humanistischen und transparenten Alternativlösungsweg für den Einsatz von KI-Technologien in der Translationsausbildung geben? Es wird zwar viel über die Monopolstellung der GAFAM und ihre digitale Souveränität und Bildungsangebote geforscht. Allerdings wird weder ihre zweifelhafte ideologische Rolle auf den internationalen Märkten und im politischen Geschehen kritisch untersucht, noch welche Rolle die Translationsinstitute in dieser Causa spielen können, bzw. wie letztere auf eine Digitalbranche hinarbeiten könnten, die mehr Fokus als die GAFAM auf die Bereiche Qualität, Ethik und Werte legt. Durch das innovative Projekt Multilingualer Campus – und in Kooperation mit anderen Akteur:innen wie UNI IT, TU Graz, steirische/österreichische Hi-Tech Firmen – könnte die Universität Graz einen anderen Weg einschlagen und von der GAFAM zum Teil unabhängig bleiben. Die drei Komponenten dieses Projekts – Humantranslation, Digitale Translation und Mehrsprachigkeit – ermöglichen es, Modernität und Tradition unter einem Dach zu vereinen. Sie geben uns Instrumente an die Hand, mit deren Hilfe berufliche Kompetenzen im Bereich innovativer Technologien für Studierende entwickelt werden können, mit denen aber auch allgemeines Wissen zur Verteidigung und Förderung einer nichtkommerziellen Wissensgesellschaft (Open Sources Lösungen) kultiviert werden kann. Meine Forschung kann damit zur Überwindung der schleichenden Privatisierung des Wissens und des ausschließlichen Einsatzes der maschinellen Übersetzung in der Translationsausbildung – und vielleicht darüber hinaus … ? – beitragen.
Keywords: Translation und künstliche Intelligenz, GAFAM, Oligarchie und Monopolstellung, Human- und maschinelle Translation, Translationsausbildung, Translation, Kapitalismus und Wissensökonomie, Translation und neoliberale Marktwirtschaft.
Betreuung: Univ.-Prof. Dr.phil. Stefan Baumgarten
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation aus wirtschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Sicht.
Maschinelle Übersetzung: Bedarf und Nutzungsverhalten von Migrantinnen. Räume – Zeiten – Materialität
Ines Buchegger
Arbeit an der Dissertation seit: Oktober 2021
Kurzbeschreibung: Das Ziel des Forschungsprojekts ist es, in einer partizipativen Studie den Bedarf, die Verfügbarkeit sowie die Nutzung der Maschinellen Übersetzung (MÜ) entlang des Migrationsprozesses aus der Perspektive von Migrantinnen zu beleuchten. Den Ausgangspunkt bildet die Frage danach, wo und wann entlang des Migrationsprozesses und zu welchem Zweck MÜ von Migrantinnen verwendet wird. Dabei wird beachtet, dass in digitalen Diensten und Produkten explizite und implizite bias eingebettet sind, von denen drei in diesem Kontext hervorzuheben sind. Erstens bias, die aufgrund falscher Annahmen der Entwickler:innen über den Bedarf und das Nutzungsverhalten der Zielgruppen entstehen, zweitens bias aufgrund der Daten, mit denen digitale Dienste und Produkte trainiert werden, sodass infolgedessen falsche oder voreingenommene Lösungsvorschläge für Zielgruppen gemacht werden und drittens bias im Design des Produkts, welches dadurch für bestimmte Zielgruppen unattraktiv oder unpraktisch wird. Um dieser Problematik zu begegnen, wird das Dissertationsprojekt als anwenderinnenorientierte Studie realisiert. Ausgehend davon, dass Forschung nicht in einem Vakuum entsteht, Wissen mit Macht verbunden ist und darüber hinaus nicht absolut ist (Napier/Wurm 2017), werden die Daten in einem kollaborativen Prozess mit den teilnehmenden Migrantinnen (Ko-Forscherinnen) generiert und ausgewertet.
Zur Beantwortung der Initialfragen wird auf die Methode des Community-Mapping (Gangarova/von Unger 2020) sowie die Photovoice-Methode (Hartung et al. 2020) zurückgegriffen. Des Weiteren werden in einem demokratischen Prozess mit Ko- Forscherinnen gemeinsame Entscheidungen getroffen, die weitere Forschungsschritte sowie die Dissemination der Ergebnisse betreffen. Die Einbettung der Forschungsergebnisse in einen akademischen Rahmen erfolgt im Anschluss in Form der geplanten Dissertation.
Keywords: Maschinelle Übersetzung, Migration, KI, bias, partizipative Forschung
Betreuung: Univ.-Prof. Dr.phil. Şebnem Bahadır-Berzig
Zweitbetreuung: Univ.-Prof. Dr.phil. Stefan Baumgarten
Zuordnung Forschungsbereich: Translation, Migration und Minderheiten
Ethische Fragestellungen für das Konferenzdolmetschen angesichts der Normalisierung fremdenfeindlicher Diskurse – das Beispiel des Europäischen Parlaments
Barbara Hinterplattner
Arbeit an der Dissertation seit: Wintersemester 2018/19
Kurzbeschreibung: Ziel meines Dissertationsprojekts ist es, den Umgang von Konferenzdolmetscher:innen im Europäischen Parlament mit fremdenfeindlichen Reden und ihre in diesem Zusammenhang konstruierte soziale Rolle zu untersuchen. Lange Zeit galt deren Rolle als neutral, hat aber mittlerweile – auch im Lichte des Erstarkens des Rechtspopulismus – eine Relativierung erfahren. Die Dissertation schreibt sich in diese Neu-Konstituierung der Rolle von Dolmetscher:innen ein. Das Korpus besteht aus aktuellen, im Europäischen Parlament gehaltenen Reden zum Thema Migration und deren Verdolmetschungen, wobei die Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Ungarisch berücksichtigt werden. Zur Kontextualisierung dieser Reden dienen die online veröffentlichten Materialien zur EU-Gesetzgebung. Goffmans Participation Framework und dessen Nutzbarmachung für die Translationswissenschaft durch einige Wissenschaftler:innen sowie die wenigen existierenden Untersuchungen zur Rolle von Simultandolmetscher:innen dienen der Dissertation als konzeptueller Rahmen. In Verbindung damit sollen theoretische Überlegungen zur Translationsethik angestellt werden, wo aktuell insbesondere in Bezug auf die Agency von Translator:innen Forschungsbedarf besteht. Damit zusammenhängend soll das Normenkonzept nach Toury in die Analyse einbezogen und der Frage nachgegangen werden, ob travelling concepts aus anderen Disziplinen wie etwa den Rechtswissenschaften für die Translationswissenschaft hier möglicherweise von Nutzen sein könnten. Bei dieser Dissertation wird einerseits empirisch gearbeitet, indem u. a. Vergleiche von Translaten und Diskursanalyse zum Einsatz kommen, und andererseits theoretisch, indem bestehende Modelle hinterfragt, so weit wie möglich verbunden und gegebenenfalls ergänzt werden. Die Dissertation stellt einen ersten Versuch dar, Erkenntnisse zum Umgang mit fremdenfeindlichen Inhalten in diesem speziellen Setting zu gewinnen.
Keywords: Dolmetschen und Ideologie, Dolmetschen im Europäischen Parlament, soziale Rolle, Translationsethik, travelling concepts
Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Stefan Baumgarten, Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr. Nadja Grbić
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation aus kulturwissenschaftlicher und soziologischer Perspektive; Translation, Migration und Minderheiten
Dolmetschen in virtuellen Räumen. Körper, Raum und Präsenz beim Gebärdensprachdolmetschen über Video
Tiana Jerkovic
Arbeit an der Dissertation seit: Sommer 2020
Kurzbeschreibung:
In einer Zeit des Posthumanismus und der zunehmenden Digitalisierung bleiben auch Gebärdensprachdolmetscher:innen von neuen Technologien nicht unberührt. Praktiken wie Videodolmetschen erleben gerade in Ausnahmesituationen wie während des Corona-Lockdowns einen Aufschwung und erweisen sich als unumgänglich für die gesundheitliche Sicherheit. Während des Videodolmetschens agieren Dolmetscher:innen jedoch nicht mehr im gewohnten physischen, sondern im virtuellen Raum, wodurch Gefühle der Entfremdung und des Verlusts der Kontrolle und des Präsenzgefühls ausgelöst werden können. Der Körper und seine nonverbalen Signale spielen, wie Studien zeigen, eine zentrale Rolle für das Verständnis des Gegenübers, seiner Intentionen und Emotionen und sind damit ausschlaggebend für eine gelungene gedolmetschte Interaktion. Die Bedeutung des Körpers, des Raums und der Präsenz beim Videodolmetschen mit Gebärdensprache wurde bislang in der Translationswissenschaft jedoch kaum behandelt. Beim Gebärdensprachdolmetschen scheinen diese Konzepte besonders relevant, denn zum einen ist der Körper das Werkzeug, mit dem Sprache im Raum ausgeführt wird, und zum anderen hat dieser für die Gehörlosengemeinschaft auch eine soziale, kulturelle und symbolische Funktion. Im Zentrum dieses Dissertationsprojekts steht daher die Frage, wie soziale Präsenz beim Gebärdensprachdolmetschen im virtuellen Raum erlebt wird. Zum einen wird der Frage nachgegangen, wie Dolmetscher:innen ihre Präsenz und ihren Handlungsspielraum empfinden, und zum anderen, wie die Präsenz der Dolmetscher:innen von gehörlosen Gesprächsteilnehmenden wahrgenommen wird. Zur Beantwortung dieser Fragen ist ein Experiment mit unterschiedlichen Videokonferenzsystemen und retrospektiven Interviews geplant. Es soll dazu beitragen, der Relevanz menschlicher Aspekte beim Gebärdensprachdolmetschen nachzugehen. Denn während sich die moderne Technologie mit der Frage beschäftigt, wie man Roboter, inklusive animierter Gebärdensprachavatare, „menschlicher“ gestalten kann, bewegen sich Videodolmetscher:innen in die entgegengesetzte Richtung und riskieren, wieder in die überkommene Rolle des Sprachrohrs zurückgedrängt zu werden, das auf Knopfdruck schnell und unkompliziert – beinahe maschinengleich – Wörter in die jeweils andere Sprache transferiert.
Keywords: Videodolmetschen, Gebärdensprache, Körper, virtuelle Räume, soziale Präsenz
Betreuung: Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr. Nadja Grbić
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation, Migration und Minderheiten
„Wer sich nicht bewegt, spürt ihre Fesseln nicht.“ Übersetzerinnen als Aktivistinnen in deutschsprachigen Ländern, 1848–1918.
Julia Kölbl
Arbeit an der Dissertation seit: 2021
Kurzbeschreibung: Das Dissertationsprojekt nimmt 32 Frauen in den Blick, die zwischen 1848 und 1918 in „Deutschland“, „Österreich“ und der deutschsprachigen Schweiz einschlägig als Übersetzerinnen ins Deutsche tätig und in diesem Zusammenhang auch aktivistisch engagiert waren. Ziel ist es, die unterschiedlichen Funktionen von Übersetzungen im Kontext des frauenpolitischen Engagements des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts herauszuarbeiten und durch Beleuchtung des Phänomens „Übersetzen“ eine differenziertere Sicht auf „weibliches“ politisches Handeln zu gewinnen – insbesondere im Kontext der „bürgerlich-radikalen“ und sozialdemokratischen Frauenbewegungsaktivitäten jener Zeit. Quellengrundlage bilden (auto‑)biografisches Datenmaterial, Egodokumente und ein Textkorpus, das aktuell 69 deutschsprachige Übersetzungen von politischen Schriften und Zeitungsartikeln sowie gesellschaftskritischen Romanen aus neun europäischen Ausgangssprachen umfasst. Theoretischen Bezugsrahmen stellen feministische Konzeptionen von Öffentlichkeit (v. a. Wischermann 2003) und Politik (Appelt 1994; Sauer 2001) dar, die erlauben, politisches Handeln auch abseits staatlicher Institutionen – wie Parlamente, Parteien oder politische Vereinigungen – zu verorten.
Vor diesem Hintergrund wird unter Bezugnahme auf Pierre Bourdieu (1997, 2001) zunächst ein soziales Feld rekonstruiert, und es werden die das Feld strukturierenden und konditionierenden Prinzipien erarbeitet. In Verbindung mit einer qualitativen Inhaltsanalyse (Kukartz 2018) und kritischen Diskursanalyse (Wodak 2001) von paratextuellem Material (z.B. Briefkorrespondenzen, Übersetzungsrezensionen sowie etwaige textuelle Interventionen in den übersetzten Texten; vgl. Genette 1997) sollen so detaillierter Aufschluss über die Funktionen von Übersetzungen im Kontext des frauenpolitischen Engagements des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts gewonnen und die Voraussetzungen, Formen und Konsequenzen der Mitwirkung von „aktivistischen“ Übersetzerinnen an den politischen Öffentlichkeiten und Diskursen ihrer Zeit nachvollziehbar gemacht werden.
Keywords: Frauen als Übersetzerinnen; Übersetzungsgeschichte; Aktivismus und Translation; erweiterter Politikbegriff
Betreuung: Ao.Univ.-Prof.i.R. Mag. Dr.phil. Michaela Wolf
Zweitbetreuung: Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil. Nadja Grbić
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation aus kulturwissenschaftlicher und soziologischer Perspektive
Wie gut kennen wir unsere Studierenden? Selbstkonzepte von Studierenden der Translationswissenschaft und der Blick auf soziale Lernprozesse im translatorischen Unterricht
Zrinka Primorac Aberer
Arbeit an der Dissertation seit: 2012-2014; Wiederaufnahme der Arbeit am Dissertationsprojekt ab 2020
Kurzbeschreibung: Das Disserationsprojekt knüpft an das vermehrte Interesse in der translationsdidaktischen Forschung an der Motivation und den Erwartungen von Studierenden der Translationswissenschaft an und betrachtet den sozialen Lernprozess von Studierenden im translatorischen Unterricht anhand des Selbstkonzepts (self-concept) von Studierenden. Selbstkonzepte sind Bilder, die Studierende von sich als Lernende machen und die in Beziehung stehen mit weiteren psychologischen Konzepten, wie etwa der Motivation von Studierenden oder dem Selbstvertrauen, den Lernprozess bewältigen zu können.
Eine Rekonstruktion von Selbstkonzepten von Studierenden der Translationswissenschaft trägt dazu bei, die Komplexität sozialer und für den translatorischen Unterricht relevanter Interaktionen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des translatorischen Unterrichts passieren, zu beleuchten (z. B. Vergleiche mit anderen Lernenden, berufsspezifische Erfahrungen, Rückmeldung aus dem familiären Umfeld etc.). Das Ziel des Dissertationsprojekts ist es, soziale Lernprozesse im translatorischen Unterricht in differenzierterer Weise als bisher zu betrachten und dabei besonders die Selbstkonzepte der Studierenden und ihre dynamische Struktur in den Blick zu nehmen, wobei Faktoren identifiziert und freigelegt werden können, die auf die Selbstkonzeptbildung der Studierenden Einfluss haben.
Geplant ist eine Querschnitterhebung im Mixed-Methods-Design. Begonnen wird mit einer quantitativen Studie, der eine qualitative Studie angeschlossen wird, die dazu beitragen soll, die sozialen Einflussquellen differenzierter herauszuarbeiten.
Keywords: Translationsdidaktik, soziale Lernprozesse, Selbstkonzepte
Betreuung: Ao.Univ.-Prof.Mag.Dr. Michaela Wolf; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr. Nadja Grbić
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation aus kulturwissenschaftlicher und soziologischer Sicht, Translation und Minderheiten
Kritische Beleuchtung translatorischer Professionalität. Die Caritas Graz-Seckau im Spannungsfeld translatorischer Professionalisierungsdiskurse
Vanessa Steinkogler
Arbeit an der Dissertation seit: Sommer 2019
Arbeitstitel: Kritische Beleuchtung translatorischer Professionalität. Die Caritas Graz-Seckau im Spannungsfeld translatorischer Professionalisierungsdiskurse
Kurzbeschreibung: Da NGOs häufig über nationale, kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg tätig sind sowie Hilfe für Flüchtlinge und Migrant:innen leisten, treffen in diesem Feld Personengruppen einer Vielzahl von Sprachen und Kulturen aufeinander. Auch wenn Übersetzen und Dolmetschen eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren solcher Organisationen darstellt, wird die Rolle von Sprache, Translation und kulturellem Wissen innerhalb humanitärer Hilfsorganisationen in der Forschung bislang wenig diskutiert. Dem Dissertationsvorhaben kommt daher die Aufgabe zu, der Bedeutung von Translation in einem mehrsprachigen Arbeitsumfeld einer NGO, in diesem Fall der Caritas Graz-Seckau, nachzugehen und die diversen translatorischen Praktiken sowie Wahrnehmungs- und Handlungsmuster zu ergründen. Da es sich um Organisationen handelt, die begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung haben und bei denen der Großteil der Mitarbeiter:innen auf freiwilliger Basis tätig ist, lohnt sich insbesondere ein genauerer Blick auf die Frage der Rolle s.g. professioneller und s.g. nicht-professioneller Translation in NGOs aus konzeptueller ebenso wie aus praktischer Sicht. In diesem Dissertationsprojekt wird die Caritas Graz-Seckau als soziale Welt nach Anselm Strauss verstanden. Die Theorie der sozialen Welten bietet insofern einen geeigneten Erklärungsahmen für das Forschungsvorhaben, als die Beziehungen und Interaktionen sowie die daraus resultierenden Konflikte und Handlungen der innerhalb der sozialen Welt agierenden Akteur:innen im Zentrum stehen. Das Ziehen, Beibehalten, Überbrücken, Verschwimmen usw. von Grenzen in Zusammenhang mit Translation soll mithilfe des Konzeptes Boundary Work von Thomas Gieryn nachverfolgt werden. Besonderes Augenmerk wird u.a. darauf gelegt, welche Attribute und Qualifikationen sich eine Gruppe zuschreibt, um sich als „professionell“ zu bezeichnen und sich von anderen sozialen Gruppen abzugrenzen und in einem bestimmten Fachbereich Expertise zu beanspruchen. Die im Zuge des Dissertationsprojektes geplanten Untersuchungen mittels Leitfadeninterviews und teilnehmenden Beobachtungen sollen die Komplexität und den Facettenreichtum der translatorischen Aktivitäten und Vorstellungen innerhalb von NGOs sichtbar machen.
Keywords: translatorische Professionalität, Translationskonzepte, soziale Welten, boundary work
Betreuung: Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr. Nadja Grbić
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation, Migration und Minderheiten, Translation aus kulturwissenschaftlicher und soziologischer Perspektive
Translationspolitik als Menschenrechtspolitik. Möglichkeiten und Grenzen der Förderung einer menschenrechtszentrierten Translationskultur am Beispiel des Strafverfahrens.
David Weiss
Arbeit an der Dissertation seit: Oktober 2019
Kurzbeschreibung:
Globale Phänomene wie Flucht- und Migrationsbewegungen, Personenfreizügigkeit bzw. private oder berufliche Mobilität führen dazu, dass sich heute vermehrt Personen in Staaten aufhalten, deren Amtssprache(n) sie nicht oder nur eingeschränkt sprechen. Für die erfolgreiche Kommunikation mit staatlichen Behörden ist in diesen Fällen häufig der Einsatz von Translator:innen nötig. Dies ist u.a. im Rahmen eines Strafverfahrens von höchster Relevanz, wenn Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gerichte zur Kommunikation mit Beschuldigten, Zeug:innen, Opfern etc. auf Dolmetscher:innen angewiesen sind, die maßgeblich dazu beitragen, ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) zu garantieren. Das Dissertationsprojekt befasst sich mit der Verwirklichung der sprachlichen bzw. translatorischen Aspekte des Rechts auf ein faires Verfahren und dem Einsatz von Dolmetscher:innen im Rahmen des Strafverfahrens (Ermittlungsverfahren und Hauptverfahren) in Österreich. Auf Basis des prototypischen Idealmodells der demokratischen Translationskultur nach Prunč (2008:30ff.) mit ihren Prinzipien Kooperativität, Loyalität, Transparenz und Ökologizität werden zunächst auf theoretischer Ebene die nötigen Prinzipien definiert, um von einer menschenrechtszentrierten Translationskultur sprechen zu können. Dabei können die Prinzipien der demokratischen Translationskultur ergänzt oder erweitert werden. Als Untersuchungsgegenstand der Dissertation fungieren die Translationspolitiken (translation policies) der am Strafverfahren beteiligten Institutionen.
Übergeordnetes Ziel ist es, die Translationspolitiken in den staatlichen Institutionen zu identifizieren und durch die Analysefolie der zu entwickelnden menschenrechtszentrierten Translationskultur, deren Prinzipien als Referenzmodell zum Einsatz kommen, zu analysieren. Zu diesem Zweck wird eine qualitative empirische Erhebung durchgeführt, in deren Rahmen Expert:inneninterviews mit Personen geführt werden, die als Handlungspartner:innen am Translationsprozess und am Interessensausgleich im Rahmen der Translationskultur in Strafverfahren beteiligt sind. Zusätzlich wird ein Korpus relevanter parlamentarischer Dokumente zum Thema Translation in Strafverfahren erstellt. Dieses Korpus wird anschließend gemeinsam mit den Interviews einer qualitativen Analyse unterzogen, in der die entwickelten Leitprinzipien einer menschenrechtszentrierten Translationskultur als Referenzmodell zum Einsatz kommen.
Keywords: Translationskultur, Translationspolitik, Faires Verfahren, Gerichts- und Polizeidolmetschen, Menschenrechte
Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Pekka Kujamäki, Ao. Univ.-Prof. Dr. Gerd Oberleitner
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation, Migration und Minderheiten
Abgeschlossene Dissertationen der letzten Jahre
Gender-Fair Language in Translation and Post-Editing: Insights and Best Practices
Manuel Lardelli
Kurzbeschreibung: Steigernde Wahrnehmung nicht-binärer Personen fördert Diskussionen zur sprachlichen Inklusivität. In den letzten Jahren wurden viele Strategien zur Miteinbeziehung von Personen, die sich weder als Männer noch als Frauen identifizieren, vorgeschlagen. Dies stellt eine Herausforderung nicht nur für die allgemeine Sprachgemeinschaft dar, sondern auch für Übersetzer:innen. Es sollen unter anderem den Fragen nachgegangen werden, welche Strategien zur genderfairen Sprache in der Übersetzung und Postedition von maschinell übersetzten Texten eingesetzt werden, welchen Aufwand der Einsatz dieser bedeutet, was der Unterschied zwischen genderfairer Übersetzung und Postedition ist und welche Strategien größere Akzeptanz innerhalb der nicht-binären und queeren Community finden. Zu diesem Zweck ist eine Übersetzungsstudie in dem Sprachpaar EN-DE geplant. Daten über den Übersetzungs- und Posteditionsprozess werden durch nicht-teilnehmende Beobachtung, Bildschirmaufnahmen und retrospektive Interviews mit Ubersetzer:innen erhoben. Ziel des Dissertationsvorhaben ist, Einblicke in das Übersetzen und Posteditieren von genderfairer Sprache zu gewinnen und Richtlinien zum Thema vorzulegen.
Keywords: genderfaire Sprache, nicht-binär, Inklusivität, queere Übersetzung, gender bias
Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Stefan Baumgarten, Assoz. Prof. Mag. Dr. Dagmar Gromann, BSc
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation und digitaler Wandel
Hauptsache es wird übersetzt. Vielsprachige Volksschulen als akteur*innenzentrierte Translation Zones
Marlene Fheodoroff
Kurzbeschreibung: Globalisierungstrends und Migrationsströme haben zu einem enormen Kommunikationsbedarf über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg geführt, von dem auch Kinder betroffen sind. Das Dolmetschen für Kinder sowie deren damit zusammenhängende Erwartungen und Ansprüche wurden in der Translationswissenschaft jedoch bisher nicht ausreichend erforscht. Das Dissertationsprojekt hat es sich daher zum Ziel gesetzt, die Perspektive von Kindern über das Dolmetschen sowie die ihnen durch erwachsene Akteur:innen zugeschriebene Perspektive zu untersuchen. Auf diese Weise möchte das Dissertationsprojekt einen Beitrag zum noch unzureichend untersuchten Bereich Dolmetschen für Kinder leisten und das Dolmetschkonzept um die eben angeführten Perspektiven erweitern. Darüber hinaus widmet sich das Dissertationsprojekt der Konzeptualisierung von Volksschulen als potentielle Translation Zones. Es soll erforscht werden, welche Akteur:innen in dieser Translation Zone für Kinder dolmetschen und welche Realisierungsformen des Dolmetschens sich beobachten lassen. Des Weiteren wird der Frage nachgegangen, was Dolmetschen für Kinder im Volksschulalter bedeutet bzw. was die erwachsenen AkteurInnen (Lehrer:innen, Laiendolmetscher:innen) der Translation Zone Volksschule glauben, dass Dolmetschen für Kinder bedeutet. Die Datenerhebung erfolgt durch teilnehmende Beobachtung und leitfadengestützte Interviews in vielsprachigen Volksschulen im Raum Graz und stützt sich auf bisherige Ergebnisse der qualitativen Kindheitsforschung.
Keywords: Community Interpreting, Dolmetschen für Kinder, Translation Zone, Raum
Betreuung: Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr. Nadja Grbić
Zuordnung Forschungsbereiche: Translation, Migration und Minderheiten
Zeit und Expertise beim Übersetzen: Auswirkungen mehrstündiger Übersetzungstätigkeit auf kognitive Aspekte bei unterschiedlichem Erfahrungsgrad
Petra Klimant
Kurzfassung: In der Dissertation werden die Auswirkungen einer mehrstündigen Übersetzungsaktivität auf kognitive und sprachliche Aspekte im Übersetzungsprozess und -produkt untersucht. Dabei bietet das arbeitspsychologische Belastungs-Beanspruchungs-Konzept von Rohmert und Rutenfranz (1975) die theoretische Grundlage. In einer empirischen Studie mit ÜbersetzungsstudentInnen und BerufsübersetzerInnen kommen dabei Methoden wie keystroke logging, die Begutachtung der Übersetzungen und Befragungen zum Einsatz. Das Forschungsprojekt leistet vor allem im Rahmen der Translationsprozessforschung einen wertvollen Beitrag zu möglichen Korrelationen zwischen psychischer Belastung bzw. Beanspruchung und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der ÜbersetzerInnen. Dabei steht die Expertise der ÜbersetzerInnen als ein die psychische Beanspruchung beeinflussender Faktor im Fokus der Untersuchung.
Beurteiler A: Univ.-Prof. Dr. Hanna Risku (Universität Wien)
Beurteiler B: Univ.-Prof. Dr. Ricardo Muñoz Martín (Universität Bologna)
'Der Übersetzer ist weniger als der Schriftsteller, und der Übersetzer ist mehr als der Schriftsteller': Translationskultur und Zensur in der ehemaligen DDR
Hanna Blum
Kurzfassung: Ziel der Dissertation bildet die Rekonstruktion einer oder potentiell mehrerer Translationskulturen der DDR, wobei zwischen dem literarischen Übersetzen und dem Sprachmitteln unterschieden wird. Um diesem Forschungsdesideratum gerecht zu werden, werden für diese Translationskultur(en) Parameter erarbeitet, die im Zuge der Arbeit auf ihre Gültigkeit in der DDR, in der das Translationswesen eine bedeutende Rolle für das politische, kulturelle und gesellschaftliche Leben spielte, untersucht werden. Diese Parameter lassen sich in drei Kategorien gliedern, nämlich in Rahmenbedingungen wie etwa die Sprach- und Translationspolitik eines Landes, Praxis des Übersetzens und Dolmetschens sowie Diskurse über Translation, die Aufschluss über Rolle und Status von Translation und TranslatorInnen geben. Untersucht werden die Parameter mithilfe unterschiedlichen Forschungsmaterials: Es werden Reden von führenden PolitikerInnen der DDR und politische Dokumente wie Gesetze oder Verordnungen zu Rate gezogen, um die Rahmenbedingungen und offiziellen Diskurse über Translation aufzuzeigen. Anschließend wird anhand von Archivdokumenten eruiert, inwiefern zensorische Vorgaben diskursiv umgesetzt wurden, und wie sich die translatorische Praxis durch diese Vorgaben, aber auch abseits derer gestaltete. Interviews mit TranslatorInnen, die in der ehemaligen DDR tätig waren, ergänzen mit ihren Eindrücken die Untersuchung, indem sie von ihren Erfahrungen in der Praxis erzählen, aber auch Einblick in einen privaten Diskurs über Translation geben.
Zentrales Augenmerk der Analyse liegt auf den Diskursen über Translation, die in der DDR einen performativen Charakter einnahmen und dazu eingesetzt wurden, kulturpolitische Vorgaben in Bezug auf Translation umzusetzen. Sie fungierten als verbale Zensorinnen und schafften dadurch für TranslatorInnen ein mehr oder minder vor Zensur geschütztes Umfeld. Der Blick hinter diese Diskurse trägt zu einem vollständigeren Bild der in der DDR gepflegten Translationspraxis bei, wobei dadurch auch neues Licht auf das Zensursystem der DDR geworfen werden kann, indem diskursive Elemente in ihrer Funktion als Zensorinnen wahrgenommen werden.
Beurteiler A (intern) Univ.-Prof. Dr. Pekka Kujamäki
Beurteiler B (intern) Univ.-Prof. Dr.phil. Stefan Baumgarten
Von der „Berechenbarkeit“ des Übersetzens – Translationskonzepte in der Computerlinguistik
Michael Tieber
Kurzfassung: Das Dissertationsprojekt widmet sich dem maschinellen Übersetzen (MÜ) unter translationswissenschaftlichen und techniksoziologischen Perspektiven und untersucht im Konkreten jenes Übersetzungsverständnis, das dieser Technologie zugrunde liegt. Die Arbeit greift dabei den Umstand auf, wonach die zunehmende Verwendung von Translationstechnologien zu massiven Umwälzungen im Übersetzungsbereich führt. Trotz der gestiegenen Relevanz und Präsenz von MÜ-Systemen innerhalb des translatorischen Feldes ist maschinelles Übersetzen als Gegenstand translationswissenschaftlicher Grundlagenforschung noch relativ unterrepräsentiert.
Eine Möglichkeit der Reintegration von maschinellem Übersetzen in den Objektbereich der Translationswissenschaft besteht in der Untersuchung jener Translationskonzepte, auf denen MÜ-Systeme aufbauen. Dabei wird von der Grundannahme ausgegangen, dass computerlinguistische Translationskonzepte aus einer Wechselwirkung zwischen sozialer Konstruktion und technischen Gegebenheiten entstehen. Als zentraler Anknüpfungspunkt in diesem Zusammenhang dienen Forscher:innen und Entwickler:innen im Bereich des maschinellen Übersetzens, die im Zuge von Expert:inneninterviews befragt wurden. Diese Personengruppe prägt die Technologie durch ihre Vorstellungen von Übersetzung als Prozess und Produkt. MÜ-Forscher:innen und -Entwickler:innen müssen sich jedoch innerhalb eines technologischen Rahmens bewegen, der wiederum nur bestimmte Formen der maschinellen Bewerkstelligung von Übersetzen zulässt.
Die Untersuchung führt zur Erkenntnis, dass die MÜ-Forschung und -Entwicklung durch ein Wechselspiel aus menschlichen Vorstellungen, kommerziellen Interessen, wissenschaftlichen Fortschritten und technologischen Grenzen geprägt ist. Am Ende kommt es zu einer Transformation des Übersetzungsprozesses in die Mechanik der Maschine, was auch als metaphorischer Translationsvorgang verstanden werden kann.
Beurteilerin A (extern): Hanna Risku; Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteilerin B (intern): Nadja Grbić; A.o.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Zur Förderung der translationsorientierten Schreibkompetenz im Arabischen: Eine sprachdidaktische Studie im Kontext der Hochschullehre
Bassem Asker
Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit zwei Fragestellungen: Einerseits der Frage, was unter ‚translationsorientierter Schreibkompetenz’ im Detail zu verstehen ist und andererseits, wie diese im arabisch-deutschen Translations-Bachelorstudium in Bezug auf bestimmte Berufsfelder effizient gefördert werden kann. Weiterführend widmet sich die Arbeit den Fragen, inwieweit die translationsorientierte Schreibkompetenz ein spezifischer Bereich der ‚allgemeinen‘ Schreibkompetenz ist, welche domänenspezifischen Merkmale dazugehören und über welche translationsorientierten Schreibkompetenzen die Arabisch-Studierenden am Ende des BA-Studiums verfügen sollen.
Der Erkenntnisgewinn dieser Studie ist sowohl theoretischer als auch pragmatischer bzw. empirischer Natur. Der theoretische Erkenntnisgewinn, den die Studie der Translationswissenschaft und gleichzeitig der Sprachdidaktik bietet, liegt in der Vorlage eines neuen Modells der translationsorientierten Schreibkompetenz und ihrer Subkompetenzen. Das Modell wird als Baustein für ein umfassendes Konzept einer translationsorientierten Sprachdidaktik angesehen. Der pragmatische Erkenntnisgewinn wurde im Rahmen einer Fallstudie durch Förderung und Verbesserung der translationsorientierten Schreibkompetenz der Arabisch-Studierenden erlangt. Dieser wurde durch Optimierungsverfahren der Didaktik im Arabisch-Unterricht sowie durch die Erstellung eines Lehrbuchs erreicht, das eine praxisnahe Textauswahl bietet, die die Arabisch-Studierenden des Bachelorstudiums später für verschiedene Berufsfelder sowie ihr weiteres Studium benötigen. Der praktische Erkenntnisgewinn soll die Lehrenden dabei unterstützen, ihre Unterrichtskonzepte und Materialien kritisch nach deren Relevanz für die Förderung des translationsorientierten Spracherwerbs zu evaluieren und zu adaptieren.
Schlüsselwörter:
Translationsorientierte Schreibkompetenz, Lehrbuchdesign, Kompetenzmodell, Sprachdidaktik
Beurteiler A (intern) Newby David; Ao.Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Dolmetschen und Übersetzen in der indigenen Gemeinschaft der Waorani des Amazonasgebietes Ecuadors. Eine explorative Feldstudie
Christina Korak
Kurzfassung: The central research question of this thesis addresses the interrelations between bi- and plurilingualism, legal, economic, (language-) policy-related and socio-cultural influence factors and translation activities in the Waorani indigenous community of Ecuadors Amazon rainforest. An in-depth examination investigates which people, institutions and organizations determine the language(s) spoken in the community and which actors due to which special characteristics decide on whether or not to interpret as well as how translation activities evolve in practice. Drawing upon the field studys findings, the aim is to establish parameters of interpreting and translating that serve as the basis for new conceptualizations of translation. In line with ethnographic life-world analysis (Lebensweltliche Ethnographie), the methodological framework for addressing the research questions includes 15 months of ethnographic participating observation in villages and towns, ero-epic dialogues (ero-epische Gespräche) and interviews as well as a questionnaire survey. One result shows the deployment of translational action by bilingual Waorani who interpret for monolingual Waorani. This comes to the fore as fluid Going-Between for, with or against the community, and is hard to locate for all communication participants. However, it also shown how decisions based on translational action to not speak Spanish, to continue speaking the indigenous language Waoterero, to not interpret for community outsiders as well as to voice warnings or to further the elders cultural practices enable community-based resistance. Additional findings characterize translation as merely prestige-oriented acts employed by the majority society. In conclusion and building on five parameters derived from these and other results, approaches of translation such as universal bridge-building are critically discussed.
Beurteiler A (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Eberhart, Helmut, Ao.Univ.-Prof. i.R. Dr.phil.
„…za Boga in véro, za cesarja in domovino!“ Translationskultur und ideologische Steuerung in slowenischen Schullesebüchern (1848–1918)
Karin Almasy
Kurzfassung: Das Dissertationsprojekt untersucht die übersetzerische Praxis in slowenischen Schullesebüchern zwischen 1848 und 1918. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass durch die Quellengattung Schulbuch der Werte-, Themen- und Literaturkanon rekonstruierbar ist, der zu einem gewissen Zeitpunkt in einer gewissen Gesellschaft dominant ist. Im slowenischen Fallbeispiel ist die Bedeutung von Schulbüchern als historische Quelle auch deshalb hervorzuheben, weil sich die slowenische Sprachentwicklung hin zu einer einheitlichen Nationalsprache im Wesentlichen erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts vollzieht und zeitgleich die Produktion von Schulbüchern erst nach dem Revolutionsjahr 1848 einsetzt. Ein erheblicher Anteil der Texte in Schulbüchern sind Übersetzungen, oft nur wenig oder gar nicht als solche kenntlich gemacht. Der Beitrag von Übersetzungen zur Entwicklung einer ‚einheitlichen Nationalsprache‘, die alle Funktionsanwendungen selbst abdecken kann, wurde jedoch bislang im national-emanzipatorischen Diskurs meist ausgeblendet: Es galt nationalen Besitzsand aufzubauen und nach innen und außen als symbolisches Kapital auszuweisen, um vom Deutschen dominierten gesellschaftspolitischen Umfeld ein gleichwertiger Mitspieler zu werden: Deshalb fokussierte man auf „Originalität und Reinheit“, auf „das heilige Original“, ergo auf die originäre slowenische Textproduktion, was Übersetzungen von vornherein einen sekundären Status zuwies. Dabei wären gerade die großen und raschen Fortschritte in der slowenischen Sprach- und Nationalentwicklung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ohne Übersetzung gar nicht möglich gewesen, da die Sprache der höheren Bildung, über die der gesamte höhere Wissenstransfer erfolgte, unbestritten das Deutsche (bzw. teilweise Italienische und Tschechische) war. Ziel der Dissertation ist es deshalb, für das slowenische Fallbeispiel zu erforschen, welche Rolle Übersetzungen in Schulbüchern und damit im Schulwesen spielten, den vermittelten Werte- und Themenkanon in den Übersetzungen zu eruieren und zu analysieren, inwiefern und in welchem Ausmaß Übersetzungsprozesse eine Rolle bei der ideologischen Steuerung und Erziehung der Jugend zu „guten“ Slowen:innen, Katholik:innen und kaisertreuen Patriot:innen spielten. Gefragt wird dabei nach der übersetzerischen Praxis in der staatlich kontrollierten und reglementierten Textsorte Schulbuch, der Zensur und dem Genehmigungsverfahren, den einzelnen Akteuren, ihrem Handlungsspielraum und ihrer individuellen Einflussnahme.
Beurteiler A (intern) Prunč, Erich; Em. Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (extern) Žigon, Tanja; Dr.in
Slowenische Translatoren treffen auf Asklepios. Die Übersetzungen des Reichsgesetzblattes ins Slowenische am Beispiel der Gesetzestexte über die pharmazeutische Berufs- und Hochschulbildung im Zeitraum von 1848 bis 1918
Aleksandra Nuc
Kurzfassung: Das offizielle Veröffentlichungsblatt der gesamtstaatlichen Gesetzgebung der Habsburgermonarchie im Zeitraum von 1848 bis 1918, das Reichsgesetzblatt (RGBl.), wurde aus der deutschen Originalfassung in zehn weitere Sprachen des Vielvölkerstaates, darunter auch die slowenische Sprache, übersetzt. Da die slowenische Sprache zu Beginn dieses Zeitraumes noch nicht normiert und weder als eine Verkehrs-, Amts- noch Bildungssprache etabliert war, stellte dieses Übersetzungsprojekt für die Translatoren bzw. Redakteure der slowenischen Ausgabe des RGBl., Matej Cigale, Karel Štrekelj und Fran Vidic, eine große Herausforderung dar. In der Dissertation wurde am Beispiel der Gesetzestexte zur pharmazeutischen Berufs- und Hochschulausbildung die zentrale Forschungsfrage untersucht, in welchem Maße die Übersetzungen einen Einfluss auf die Standardisierung der slowenischen Sprache hatten. Als methodische Rahmung wurde das hermeneutische Modell von Radegundis Stolze eingesetzt, das mit seinen vier rezeptions- und fünf textbezogenen Orientierungsfeldern eine „holistische“ Reflexion der Ausgangs- und Zieltexte ermöglicht. Eine zentrale Erkenntnis im Rahmen der forschungsleitenden Frage konnte im Bereich der in den slowenischen Translaten geprägten Neologismen gewonnen werden. Von den insgesamt 84 kumulativ bei allen drei Redakteuren behandelten AT-Termini wurden 34 Neologismen (40,5 %) geprägt. Davon gingen 13 (38,3 %) in den Sprachgebrauch des 19. Jahrhunderts und 19 (55,9 %) in den heutigen Wortschatz über. Auch auf der syntaktischen Ebene konnte die enorme Bedeutung dieser historischen Periode für den Ausbau der slowenischen Standard- und Fachsprache bewiesen werden. Der ersten Phase, in der eine AT-orientierte Übersetzungsmethode festzustellen ist, folgt eine zielsprachlich-orientierte Übersetzungsmethode, die die rechtliche Verbindlichkeit der Gesetzestexte nicht mindert, jedoch die Verständlichkeit der Gesetzestexte in der slowenischen Sprache wesentlich verbessert.
Beurteiler A (intern) Prunč, Erich; Em. Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Die Briefe Antoine-Isaac Silvestre de Sacys an Joseph von Hammer-Purgstall - translatorisch beleuchtet
Alexandra Marics
Kurzfassung: Diese Dissertation versteht sich als Beitrag zur historisch orientierten Translationswissenschaft im Zusammenhang mit der französischen und der deutschsprachigen Orientalistik im ersten Drittel des 19. Jhs am Beispiel des französischen Orientalisten Antoine-Isaac Silvestre de Sacy. Seine in Bezug auf translatorische Tätigkeiten, Konzepte und Hilfsmittel gemachten Äußerungen, die in verschiedenen von ihm erstellten Paratexten, im Besonderen in seinen zwischen 1803 und 1837 an seinen österreichischen Fachkollegen Joseph von Hammer(-Purgstall) gesandten Briefen zutage treten, werden in das zuvor rekonstruierte soziokulturelle Umfeld de Sacys eingebettet. Mit Erich Prunč (u.a.) wird dieses Umfeld als Translationskultur verstanden, in der eine para-, eine dia- und eine idiokulturelle Ebene interagieren. Konkret beleuchtet werden, jeweils bezogen auf den genannten Zeitraum, die translatorische Parakultur Frankreichs, die translatorische Diakultur der französischen Orientalistik und die translatorische Idiokultur de Sacys, wobei im Zusammenhang mit letzterer vorwiegend translatorisch relevante Paratexte wie Vorworte, Kommentare und Rezensionen de Sacys, vor allem auch dessen an Hammer(-Purgstall) gesandte Briefe herangezogen werden. Aus diesen Quellen wird de Sacys Position in seiner Translationskultur in ihrem Wandel vor dem Hintergrund der sich im Untersuchungszeitraum vollziehenden Veränderungen klassischer französischer Geschmacksvorstellungen, der zunehmenden Säkularisierung und Differenzierung orientalistischer Berufsfelder und anderer Faktoren ermittelt. Ebenso erschließt sich aus ihnen die Abhängigkeit von de Sacys translationsbezogenen Konzepten von diversen textspezifischen Faktoren wie u.a. Ausgangs- und Zielsprache, Textsorte und Zielpublikum. Deutlich tritt auch die Unterschiedlichkeit in den Positionen des philologisch-theoretisch geprägten de Sacy einerseits und des von praktischem Erleben, aber auch von literarisch getragenem, gesamthaftem Erfassen des Orients geprägten Hammer(-Purgstall) andererseits zutage.
Beurteiler A (intern) Prunč, Erich; Em. Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Höflechner, Walter; Univ.-Prof. i.R. Dr.phil. MAS
In Habsburgs sprachlichem Hofdienst. Translation in den diplomatischen Beziehungen zwischen den habsburgischen Höfen von Madrid und Wien in der Frühen Neuzeit
Clara Reiter
Kurzfassung: In der Dissertation wird die Frage untersucht, wie sich Translation (hier begriffen als Übersetzen und Dolmetschen) in ihren verschiedenen Ausgestaltungen in den diplomatischen Beziehungen der habsburgischen Höfe im 16. und 17. Jahrhundert manifestierte und wo bzw. wie die Akteur:innen translatorischer Tätigkeiten im höfischen Kontext zu positionieren waren. Das untersuchte Korpus waren personenbezogene und institutionell-strukturelle Archivalien der habsburgischen Höfe von Wien und Madrid. Als methodische Rahmung wurde die histoire croisée eingesetzt, durch deren mehrperspektivischen Ansatz translatorische Akteur:innen und auch Translate strukturiert auf verschiedenen Untersuchungsebenen und in unterschiedlichen Analysedimensionen untersucht werden konnten. Die Analyse der kartografisch-räumlichen, politischen, wirtschaftlichen und beruflich-biografischen Positionierung translatorischer Akteur:innen verweist auf die zunehmende Differenzierung ihres Berufsprofils an den habsburgischen Höfen. In den Karriereverläufen der untersuchten Personen werden europaweite Mobilität, Loyalität und familiäre wie auch berufliche Netzwerke sichtbar gemacht. Die Analyse der schriftlichen Translate bringt Erkenntnisse darüber, welche Textsorten in diplomatischen Beziehungen und im höfischen Kontext für welche Funktionen übersetzt wurden. Eine zentrale Erkenntnis der Arbeit ist, dass Translation in machtpolitischen Überlegungen und administrativen Grundentscheidungen der habsburgischen Höfe eine wesentliche und bisher weit unterschätzte Rolle spielte. Das durch die Entwicklung der Administration bedingte hohe Translationsaufkommen führte zu einer starken Institutionalisierung von Translation am spanischen Hof, die in dieser Form am Wiener Hof nicht nachgewiesen werden konnte. Translation war in der Frühen Neuzeit ein häufig unsichtbares Element höfischer Diplomatie, dessen Bedeutung durch die strukturellen Veränderungen der jeweiligen Herrschaftsgebiete stetig zunahm.
Beurteiler A (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Pieper, Renate; O.Univ.-Prof. Dr.phil.
Die Entwicklung translatorischer Kreativität
Gerrit Bayer-Hohenwarter
Kurzfassung: In dieser empirischen Arbeit, einem Teilprojekt der Longitudinalstudie TransComp, wird untersucht, was translatorische Kreativität ist, wie sie gemessen werden kann und wie sie sich entwickelt. Auf der Basis kreativitätspsychologischer und translationswissenschaftlicher Erkenntnisse wird translatorische Kreativität als Leistungsmerkmal definiert, das im Übersetzungsprozess und/oder produkt an Ausdrucksformen der Dimensionen Originalität, kognitiver Flexibilität, Denkflüssigkeit und Translatqualität erkennbar wird. Hierauf wird ein Bewertungsverfahren entwickelt, in dem translationsrelevante Indikatoren den definierten Bewertungsdimensionen zugeordnet werden. Ein zentraler Indikator sind die kreativen Shifts. Diese kognitiven Shifts umfassen die Typen Abstraktion, Modifikation und Konkretisierung, die im Gegensatz zu wörtlichen Reproduktionen als kreativ gelten können. Mit allen Indikatoren wird erhöhter kognitiven Aufwand gemessen, der sich in Form von Nicht-Wörtlichkeit oder kreativem Problemlösen zeigen kann. Acht Versuchstexte werden fünf Berufsübersetzern und zwölf Studierenden des Bachelor-Studiengangs transkulturelle Kommunikation der Karl-Franzens-Universität Graz zur Übersetzung vorgelegt, wobei es für die Studierenden fünf Messzeitpunkte jeweils zu Beginn ihrer ersten fünf Semester gibt. Die Versuchspersonen übersetzen laut denkend an einem PC-Arbeitsplatz mit Software zur Aufzeichnung von Tastatur- und Bildschirmaktivitäten. Im Anschluss werden Frage-bogendaten erhoben und retrospektive Interviews geführt. Aus den acht Versuchstexten werden jeweils vier Analyseeinheiten ausgewählt, wobei jeweils zwei Einheiten Kreativitätspotenzial bzw. Routinepotenzial zugeschrieben wird. Für jedes Auftreten eines Kreativitätsindikators wird ein Bonuspunkt vergeben. Aus den Bonuspunkten werden mittels Summierung und Normierung relative Kreativitätswerte ermittelt. Die Translatqualität wird anhand funktionaler Kriterien von unabhängigen Bewertern bestimmt. Die Datendokumentation ist der Projekt-Homepage (http://gams.uni-graz.at/fedora/get/collection:gams/bdef:Collection/get) zu entnehmen. Die Ergebnisse stützen die Annahmen, dass translatorische Kreativität kompetenzabhängig und somit potenziell lehr- und lernbar ist und dass ihr Entwicklungsverlauf stark individuell ist. Es zeigt sich auch, dass erfahrenere Übersetzer ökonomischer zwischen einem kognitiv wenig beanspruchenden Routinemodus und einem kognitiv aufwändigen Kreativmodus wechseln. Allerdings erzielen die Berufsübersetzer bei schwierigeren Aufgaben nur teilweise einen größeren Leistungsvorsprung gegenüber den Studierenden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Berufsübersetzer zwar noch nicht als Experten gelten können, aber gewisse kreative Strategien verinnerlicht und sich den Markterfordernissen angepasst haben. Aus den Erkenntnissen werden zahlreiche didaktische und methodische Schlussfolgerungen abgeleitet.
Beurteiler A (intern) Göpferich, Susanne; Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Beurteiler B (extern) Jakobsen, Arnt Lykke; Dr.
Von „Die Tartarn in Ungarn“ bis zu „Moderne Helden“. Ungarisch-deutsche Dramenübersetzungen in der Habsburgermonarchie und ihre Ungarnbilder
Zita Veit
Kurzfassung: In der Dissertation werden die Wurzeln einer noch immer aktuellen Wahrnehmung Ungarns erforscht. In der deutschsprachigen Literatur bildete sich Anfang des 19. Jahrhunderts ein romantisches Ungarnbild heraus, das unter dem Begriff Liebe, Wein und Freiheit zusammengefasst werden kann. Es wird von der These ausgegangen, dass die publizierten ungarisch-deutschen Dramenübersetzungen der Habsburgermonarchie im 19. Jahrhundert dieses romantische Ungarnbild auch in ihren Peritexten unterstützten und festigten. Dramenübersetzungen trugen zur Konstruktion eines bestimmten Bildes der gesamten ungarischen Literatur im deutschen Sprachraum der Monarchie bei. Die Analysen zu den Dramenübersetzungen basieren auf den Überlegungen des Soziologen Pierre Bourdieu sowie dem kulturwissenschaftlichen Ansatz des power turns von Edwin Gentzler und Maria Tymoczko. Die Analyse selbst stützt sich methodisch auf das Instrumentarium Gérald Genettes und wurde für den spezifischen Anlassfall, die Analyse der Peritexte, erweitert. Im Rahmen der Untersuchung wurde als erster Schritt das Korpus der publizierten ungarisch-deutschen Dramenübersetzungen im 19. Jahrhundert in der Habsburgermonarchie erarbeitet, wobei auch die ÜbersetzerInnen und ihr Umfeld erforscht wurden. Durch die Analyse der Peritexte der Dramenübersetzungen kann dargestellt werden, ob und wie an bereits bestehende Wahrnehmungs- und Repräsentationsschemata angeknüpft, das tradierte Ungarnbild angepasst oder versucht wurde, neue zu etablieren. In Cisleithanien wurde das bereits bestehende romantische Ungarnbild Liebe, Wein und Freiheit auch in den Peritexten der Dramenübersetzungen bedient und damit gefestigt, das transferierte Bild ist jedoch facettenreicher. Angesichts der geographischen, historischen und soziokulturellen Verortung des deutschsprachigen Publikums in Cis- und Transleithanien wurden die ungarische Kultur und ihre Stereotypen in den beiden Reichshälften unterschiedlich repräsentiert.
Beurteiler A (intern) Prunc, Erich; Em.Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Binder, Dieter-Anton; Ao.Univ.-Prof. Dr.phil. tit.Univ.-Prof.
Kontextabhängigkeit des übersetzerischen Habitus? Zur Genese translatorischer Praktiken aus soziologischer Sicht
Gisella Maria Vorderobermeier
Kurzfassung: Die Dissertation beschäftigt sich aus übersetzungssoziologischer Sicht mit Werdegängen literarischer Übersetzer:innen, zu denen kaum Daten systematischer Art verfügbar sind. Als theoretisch gehaltvoller und in der Disziplin seit geraumer Zeit bewährter Ansatz bietet sich hier das Habituskonzept von Bourdieu an. Dieses wird dem „sozialen Gewordensein“ in seiner ganzen Komplexität gerecht. Bisherige Arbeiten haben es vermocht, das Konzept von einer translationswissenschaftlichen Warte aus beträchtlich zu erweitern. Allerdings geschah dies anhand von Einzelbiografien bzw. eines vorab eingeschränkten Personenkreises oder aber auf abstrakter Ebene. Eine empirisch abgestützte Ausweitung auf die fragliche Personengruppe als solche dagegen stand bislang aus, obwohl Konsens ist, dass es den übersetzerischen Habitus schlechthin nicht geben kann. Die zur inhaltlichen Konkretisierung dieser Grundannahme erforderliche Datenbasis wird mit vorliegender Arbeit geschaffen und theoretisch erschlossen. Eruiert wird, wie kontextabhängig und wandelbar der übersetzerische Habitus tatsächlich ist und woran sich eine etwaige Pluralität solcher Prägungen festmachen lässt. Die empirische Grundlage bilden zwei ineinander verschränkte Studien. Eine schriftliche Befragung literarischer Übersetzer:innen im deutschsprachigen Raum nähert sich der Problemstellung basierend auf einer methodisch über den Bereich der deskriptiven Statistik hinausreichenden Auswertung von über 200 Fragebögen. Die exemplarische Interpretation dreier berufsbiografischer Interviews in ihrer methodischen Orientierung an entsprechenden Schlüsseltexten Bourdieus identifiziert darauf aufbauend berufsbiografische Stationen in deren jeweiliger Bedeutung. So werden soziale Konstruktionsprozesse nachvollziehbar, welche zur „übersetzerischen Persönlichkeit“ führen. Im Ergebnis erweisen sich die Befragten gegenüber anderen beruflichen/sozialen Gruppen (wie etwa polyglotten Personen) als distinkte Gruppe mit gemeinsamen Merkmalen. So besteht eine hohe Stabilität, ja ein Beharrungsvermögen, auf der Ebene von Einstellungen zum Übersetzen. Zugleich variieren Prägungen in systematisierbarer Weise: Subgruppenunterschiede legen nahe, Perioden des Verbleibs in anderen „Feldern“ (Kontextabhängigkeit) in ihrer Auswirkung auf den übersetzerischen Habitus stärker zu berücksichtigen. Im Verlauf der Arbeit kristallisiert sich die ganze Ambivalenz des Literaturübersetzens als Berufstätigkeit heraus, die Erhalt und Verfeinerung kulturellen Kapitals erlaubt, ohne dass dies unbedingt seine Entsprechung in einem Zuwachs an Bestimmungsmöglichkeiten fände.
Beurteiler A (intern) Prunc, Erich; Em.Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.