am 11.10.2022 um 17.00 im 33.1.002
Dieses Projekt lässt sich wie folgt skizieren:
Problemstellung: Bei der Übersetzung von Kunstliedern zu Aufführungszwecken untersuchen:
a. im Rahmen welcher Invarianzforderungen welche übersetzungsstrategischen Ziele verfolgt und
b. welche konkreten Übersetzungsverfahren zur Erfüllung dieser Ziele eingesetzt werden sowie
c. wie diese auf der Grundlage struktureller Kontraste zwischen den Zielsprachen erklärt werden könnten.
Materialgrundlage: 16 ins Norwegische übersetzte deutschsprachige und sowie 144 ins Deutsche übersetzte norwegische Lieder von Edvard Grieg (1843 – 1907).
Analysemodell: Auf der Grundlage der pragmatischen Textlinguistik wird Übersetzen durch eine nach verschiedenen sozio-kulturellen, empirisch rekonstruierbaren Übersetzungskontexten als ein eigenes intertextuelles Phänomen verstanden. Das Modell unterteilt diese Intertextualität in die Interpretationskategorien Invarianz, Korrespondenz und Varianz. Diese Intertextkategorien werden interpretativ und in der Interaktion selbst hergestellt und etwa nicht über logische Systeme definiert. Übersetzungstehoretisch baut das Modell auf die Grundsätze der funktionalen Translationstheorie auf.
(Bisherige) Ergebnisse:
Übersetzungsziel/Skopos/übergeordnetes Handlungsinteresse: Kunstlieder zum Zweck der Konzertaufführung im Rahmen der Konventionen für diese Interaktionssituation übersetzen (Norw. – Dt./Dt. – Norw.)
Invarianzforderungen: Die Melodie ist unantastbar (mit einigen Ausnahmen!). Die Reimstruktur wird ziemlich identisch wiedergegeben(also etwa abab im AT ergibt abab im ZT). Die übergeordnete Makrostruktur des AT wird als identisch interpretiert.
Korrespondenz: Typisch für die propositionale Struktur, die thematische Progression und den Umgang mit Präsuppositionen
Varianz: Relativ selten, und wenn, eine ausgangtextkompatible Varianz, die also irgendwie mit der übergeordneten Makrostruktur verträglich ist. Inkompatible Varianzen sind sehr selten, und könnten auch Übersetzungsfehler angesehen werden.
Übersetzungsverfahren: Einhaltung der Invarianzforderungen durch semantische Relationen einerseits und Übersetzungsverfahren, die eine silbische Flexibilität ermöglichen andererseits. Darunter wird eine unterschiedliche Serialisierung von Silben verstanden, um vor allem die melodische Invarianz zu sichern.
In den norwegischen ZT werden vor allem semantische Verfahren verwendet, während in den deutschen ZT auch intensiv mit mophologischen und lexikalischen Varianten von Lexemen sowie mit einer sehr freien Wortstellung gearbeitet wird. Deutsch hat ja hier den Vorteil, sehr liberale Stellungsregln im einfachen Satz zu haben, während das Norwegische feste Abfolgeregeln aufweist. Kontraste im Bereich syntaktischer und morphologischer Regeln zwischen Deutsch und Norwegisch spielen daher eine wesentliche Rolle für unterschiedliche Übersetzungsstrategien bei der Übersetzung von Kunstliedern zu Aufführungszwecken.