Dolmetschen beim RECOM-Netzwerktreffen in Pöllauberg
Erster Dolmetscheinsatz in Pöllauberg
Ich erinnere mich noch ganz genau daran, als ich mein Master-Studium im Oktober 2011 in Graz begann. Die Lehrveranstaltungen dauerten seit einigen Wochen an und ich fing an, langsam die Atmospähre zu genießen. als uns Frau Kovács eines Tages in ihrer Stunde mitteilte, dass die Dolmetschgruppe zu einem RECOM Netzwerktreffen (österreichisch-ungarisches grenzübergreifendes Tourismustreffen) nach Pöllauberg reisen wird und dort die Gelegenheit bekommt, ihr Wissen und Können unter Beweis zu stellen.
Eine gute Möglichkeit dachte ich mir, aber gleichzeitig natürlich eine große Herausforderung für uns. Viele Fragen stellten sich, die ich heute schon leichter beantworten kann : Wie soll ich mich überhaupt vorbereiten? Wie funktioniert das Teamwork unter DolmetscherInnen? Worauf sollte neben Sprachkompetenz noch geachtet werden? Was ist mit dem Dresscode? Und vieles mehr...
Ich habe meine StudienkollegInnen gefragt, ob sie Lust hätten, sich gemeinsam vorzubereiten. Fraglich war noch die Anreise: Ein Auto stand für fünf Personen zur Verfügung, wir waren jedoch zu siebt. Dávid und ich, die zwei Herren (besser gesagt: Gentlemen) haben uns „geopfert” und fuhren mit dem Bus. Um 4:45 Uhr morgens fuhren wir vom Andreas-Hofer-Platz los und erreichten Pöllauberg nachdem wir sechsmal umgestiegen waren und auch ein Taxi nehmen mussten um 8 Uhr. => Teamwork check.
Bei diesem Treffen haben wir u.a. gelernt, dass man beim Dolmetschen fast immer einen Anzug tragen muss. Da DolmetscherInnen „nur” Vermittlerinnen sind, also nicht im Mittelpunkt stehen, sollten sie nicht besser gekleidet sein, als die GesprächspartnerInnen. Ein Beispiel dazu: Wenn die Person für die ich dolmetsche keine Krawatte trägt, dann sollte ich ebenfalls keine tragen. Ein weiterer Ratschlag: Wenn man VOR dem Einsatz zum Buffet geht, dann nur wenig essen und auf keinen Fall Alkohol trinken. Was den Stress bei einem Dolmetscheinsatz betrifft: man kann niemals 100%ig vorbereitet sein. So viel Unerwartetes kann passieren, die schnellste und bestmögliche Lösung muss innerhalb von Sekunden gefunden werden. Daneben muss man auch auf die Körperhaltung und non-verbale Kommunikation achten. Dieser riesige Energieaufwand ist eine große Herausforderung. Es lohnt sich dennoch dafür zu kämpfen. Das Gefühl am Ende, dass ich alles (irgendwie) geschafft habe, ist unbeschreiblich. Ich persönlich habe bei diesem Einsatz die Antwort auf die Frage gefunden, ob ich als Dolmetscher arbeiten möchte.
Das Zielpublikum hat sich auch sehr dafür interessiert, wie wir die touristischen Fachwörter und die langen, schnellen Sätze in der andere Sprache vermitteln. Immer locker und kreativ sein und eine Art dichterische Freiheit haben: das hat uns in den schwierigen Situationen geholfen. Natürlich hat Frau Kovács den schwierigen Teil der Arbeit übernommen: das Simultandolmetschen. Wir haben bei der anschließenden Führung durch das Seminarhotel Retter und den wunderschönen Naturpark Pöllauberg (unbedingt besuchen!) für die ungarischen Gästen konsekutiv gedolmetscht.
Als das Treffen zu Ende war, wurden Produkte aus der Region zur Verkostung angeboten. Nach einem langen und erfolgreichen Tag sind Dávid und ich noch dort geblieben um mit den Gästen über fachliche und allgemeine Themen zu sprechen. Es geht nämlich in diesem Beruf auch darum, Kontakte zu knüpfen. Dann sind wir mit dem Bus nach Graz gefahren und haben unseren Erfolg gefeiert.
Die Herausforderung war also durchaus zu bewältigen. Es gab zwar Fälle, bei denen man allein keine Lösung finden konnte, aber dazu waren/sind die KollegInnen da. Eher „im Team als intim arbeiten”, lautet seitdem unsere Philosphie. Ich empfehle jedem, der über Mut, Wille, sprachliche und soziale Kompetenz verfügt, sich für diesen Beruf zu entscheiden. Langweilen wird man sich auf keinen Fall.
Albert Knecht - MA: Dolmetschen
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Fachbereich Ungarisch Edina Dragaschnig M. A.
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