Die Multikulturalität im Osmanischen Reich und die Rolle der Übersetzer und Dolmetscher
am 14. Mai 2018, 17.30 Uhr im UR 33.1.010, Merangasse 70, 1. OG
Der Vortrag führt durch die Translationsgeschichte des Osmanischen Reiches und rückt die Bedeutung von Translatoren in einem riesigen multikulturellen Reich mit vielen unterschiedlichen Kulturen in den Fokus der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Das sich über drei Kontinente erstreckende Osmanische Reich beheimatete viele Völker, Sprachen und Kulturen. Die überaus angesehenen Dolmetscher und Übersetzer dirigierten die mannigfaltigen Sprachkulturen und gewährleisteten so das "Funktionieren" dieses riesigen Staates. Sie waren die unbestrittenen Meister der Kommunikation; ohne sie waren Handel und Gerichtsbarkeit ebenso wie die diplomatischen Beziehungen zu den europäischen Ländern nicht möglich. Sowohl die Ausländer, wie auch die Osmanen waren auf ihre Dienste angewiesen. Die Hauptstadt Istanbul, die "Perle des Orients" mit ihrer einzigartigen Lage am Bosporus, war, neben der reichen Hafenstadt Izmir, das das politische, ökonomische und diplomatische Zentrum, farbenprächtiger Umschlagplatz für Waren und Informationen. Als Mittler zwischen den Völkern und Nationen waren die multitalentierten Dolmetscher und Übersetzer über die Völkerverständigung hinaus selbst Triebkräfte von wissenschaftlichen und kulturellen Entwicklungen. Das türkische Wort für Übersetzen/Dolmetschen "Çeviri", das auch den Prozess des Verwandelns einschließt, ist heute aktueller mehr denn je; man denke nur an die gegenwärtig rücksichtlos betriebene Umgestaltung von Istanbul. Die einstmals so schöne, geschichtsträchtige Hauptstadt der Osmanen, der über zwanzig blumige Bezeichnungen zuteilwurden, ist ständig in "çeviri" und wird immer mehr von grauen Hochhäusern dominiert. Doch dagegen können auch die einst so mächtigen Übersetzer und Dolmetscher, die längst keinen Einfluss mehr auf die Staatsgeschäfte haben, nichts unternehmen.