Als Kinderpsychiaterin in Afrika und auf Haiti – Therapieren mit DolmetscherInnen
Kinderpsychiatrie ist u. a. in Afrika und der Karibik ein noch unzureichend ausgebautes medizinisches Feld; es gibt weder ausreichend Kinderpsychiater*innen noch auf Kinderprobleme spezialisierte Fachkräfte. Durch das von der Abteilung für Experimentelle Pädagogik an der Universität Turin organisierte Projekt zur Unterstützung von Kindern mit Lernschwierigkeiten namens Fenix, das sich an Kinder aus Einwandererfamilien richtet, kam Dr. Melinda Varga 2010 in ihrer Funktion als Kinderpsychiaterin zum ersten Mal nach Afrika. Das Projekt Fenix war zuvor bereits in Brasilien und Italien erfolgreich angelaufen. Gemeinsam mit drei italienischen Lehrer*innen reiste Varga als Kinderpsychiaterin nach Ruanda. Seit damals ist Varga immer wieder in Afrika (Ruanda, Burundi, Dschibuti, Elfenbeinküste) und auf Haiti tätig.
Ihre Arbeit umfasste vier große Bereiche:
- Individuelle kinderpsychiatrische Beurteilungen, Beratung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten, Kinderpsychotherapie, Einzel- und Gruppentherapie (Kinderpsychodrama-Gruppe)
- Organisation und Durchführung von Kreativ-Workshops; Entwicklung eines Programms zur Förderung von Kreativität (Kooperation mit der Stiftung Creative Planet)
- Fenix, Unterstützung von Programmen zur Entwicklung der Lernfähigkeiten, Organisation von Kindergruppen
- Schulungen für Fachkräfte, die mit Kindern arbeiten
Varga sucht die professionelle Zusammenarbeit mit lokalen Fachleuten, Psychiater*innen, um mehr über die psychische Betreuung und Erziehung von Kindern vor Ort zu erfahren. So entstand eine Kooperation mit der Saint-Ignace-Grundschule in Ruanda, die dann auf die lokale Kinderpsychiatrie, das Straßenkinderzentrum und das SOS-Kinderdorf ausgeweitet wurde.
An der Saint-Ignace-Grundschule arbeitet Varga in französischer Sprache; an den anderen Standorten dank Dolmetscher*innen und Übersetzung in der jeweiligen Landes- oder Lokalsprache. In ihrem Vortrag wird sie daher nicht nur über ihre Erfahrungen in den verschiedenen Ländern und ihre Arbeit als Kinderpsychiaterin sprechen, sondern auch über Besonderheiten und interessante Aspekte der Arbeit mit Dolmetscher*innen berichten.
Dr. Melinda Mária Varga ist Fachärztin für Psychiatrie, Kinderpsychiatrie und Psychotherapie. Sie wurde in Ungarn geboren und ist seit Mitte der 1990er Jahre sowohl im klinischen Kontext als auch mit privater Praxis im Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie mit dem Schwerpunkt auf Kindern in Ungarn tätig. Seit 2010 engagiert sie sich über mehrere Jahre hinweg als Kinderpsychiaterin und -psychotherapeutin in Afrika und auf Haiti.
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Der Vortrag findet im Rahmen der Vortragsreihe Brücken bauen statt Barrieren II. Sprach- und Kulturmittlung im sozialen, medizinischen und behördlichen Bereich statt. Die Vortragsreihe befasst sich mit den fachlichen, menschlichen und strukturellen Herausforderungen des Kommunaldolmetschens innerhalb und außerhalb des etablierten Marktes sowie den Möglichkeiten ihrer wissenschaftlichen Erforschung. Details zur Vortragsreihe und eine Übersicht über die einzelnen Vorträge finden Sie unter http://translationswissenschaft.uni-graz.at/de/itat/veranstaltungen/bruecken-bauen-statt-barrieren-ii/.
