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Abgeschlossene Dissertationen der letzten Jahre

2023

Klimant, Petra

Titel: Zeit und Expertise beim Übersetzen: Auswirkungen mehrstündiger Übersetzungstätigkeit auf kognitive Aspekte bei unterschiedlichem Erfahrungsgrad

Kurzfassung: In der Dissertation werden die Auswirkungen einer mehrstündigen Übersetzungsaktivität auf kognitive und sprachliche Aspekte im Übersetzungsprozess und -produkt untersucht. Dabei bietet das arbeitspsychologische Belastungs-Beanspruchungs-Konzept von Rohmert und Rutenfranz (1975) die theoretische Grundlage. In einer empirischen Studie mit ÜbersetzungsstudentInnen und BerufsübersetzerInnen kommen dabei Methoden wie keystroke logging, die Begutachtung der Übersetzungen und Befragungen zum Einsatz. Das Forschungsprojekt leistet vor allem im Rahmen der Translationsprozessforschung einen wertvollen Beitrag zu möglichen Korrelationen zwischen psychischer Belastung bzw. Beanspruchung und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der ÜbersetzerInnen. Dabei steht die Expertise der ÜbersetzerInnen als ein die psychische Beanspruchung beeinflussender Faktor im Fokus der Untersuchung.

Beurteiler A: Univ.-Prof. Dr. Hanna Risku (Universität Wien)

Beurteiler B: Univ.-Prof. Dr. Ricardo Muñoz Martín (Universität Bologna)

2021

Blum, Hanna

Titel:  'Der Übersetzer ist weniger als der Schriftsteller, und der Übersetzer ist mehr als der Schriftsteller': Translationskultur und Zensur in der ehemaligen DDR  

Kurzfassung: Ziel der Dissertation bildet die Rekonstruktion einer oder potentiell mehrerer Translationskulturen der DDR, wobei zwischen dem literarischen Übersetzen und dem Sprachmitteln unterschieden wird. Um diesem Forschungsdesideratum gerecht zu werden, werden für diese Translationskultur(en) Parameter erarbeitet, die im Zuge der Arbeit auf ihre Gültigkeit in der DDR, in der das Translationswesen eine bedeutende Rolle für das politische, kulturelle und gesellschaftliche Leben spielte, untersucht werden. Diese Parameter lassen sich in drei Kategorien gliedern, nämlich in Rahmenbedingungen wie etwa die Sprach- und Translationspolitik eines Landes, Praxis des Übersetzens und Dolmetschens sowie Diskurse über Translation, die Aufschluss über Rolle und Status von Translation und TranslatorInnen geben. Untersucht werden die Parameter mithilfe unterschiedlichen Forschungsmaterials: Es werden Reden von führenden PolitikerInnen der DDR und politische Dokumente wie Gesetze oder Verordnungen zu Rate gezogen, um die Rahmenbedingungen und offiziellen Diskurse über Translation aufzuzeigen. Anschließend wird anhand von Archivdokumenten eruiert, inwiefern zensorische Vorgaben diskursiv umgesetzt wurden, und wie sich die translatorische Praxis durch diese Vorgaben, aber auch abseits derer gestaltete. Interviews mit TranslatorInnen, die in der ehemaligen DDR tätig waren, ergänzen mit ihren Eindrücken die Untersuchung, indem sie von ihren Erfahrungen in der Praxis erzählen, aber auch Einblick in einen privaten Diskurs über Translation geben.

Zentrales Augenmerk der Analyse liegt auf den Diskursen über Translation, die in der DDR einen performativen Charakter einnahmen und dazu eingesetzt wurden, kulturpolitische Vorgaben in Bezug auf Translation umzusetzen. Sie fungierten als verbale Zensorinnen und schafften dadurch für TranslatorInnen ein mehr oder minder vor Zensur geschütztes Umfeld. Der Blick hinter diese Diskurse trägt zu einem vollständigeren Bild der in der DDR gepflegten Translationspraxis bei, wobei dadurch auch neues Licht auf das Zensursystem der DDR geworfen werden kann, indem diskursive Elemente in ihrer Funktion als Zensorinnen wahrgenommen werden.

Beurteiler A (intern) Univ.-Prof. Dr. Pekka Kujamäki
Beurteiler B (intern) Univ.-Prof. Dr.phil. Stefan Baumgarten

2020

Tieber, Michael

Titel: Von der „Berechenbarkeit“ des Übersetzens – Translationskonzepte in der Computerlinguistik

Kurzfassung: Das Dissertationsprojekt widmet sich dem maschinellen Übersetzen (MÜ) unter translationswissenschaftlichen und techniksoziologischen Perspektiven und untersucht im Konkreten jenes Übersetzungsverständnis, das dieser Technologie zugrunde liegt. Die Arbeit greift dabei den Umstand auf, wonach die zunehmende Verwendung von Translationstechnologien zu massiven Umwälzungen im Übersetzungsbereich führt. Trotz der gestiegenen Relevanz und Präsenz von MÜ-Systemen innerhalb des translatorischen Feldes ist maschinelles Übersetzen als Gegenstand translationswissenschaftlicher Grundlagenforschung noch relativ unterrepräsentiert.

Eine Möglichkeit der Reintegration von maschinellem Übersetzen in den Objektbereich der Translationswissenschaft besteht in der Untersuchung jener Translationskonzepte, auf denen MÜ-Systeme aufbauen. Dabei wird von der Grundannahme ausgegangen, dass computerlinguistische Translationskonzepte aus einer Wechselwirkung zwischen sozialer Konstruktion und technischen Gegebenheiten entstehen. Als zentraler Anknüpfungspunkt in diesem Zusammenhang dienen Forscher_innen und Entwickler_innen im Bereich des maschinellen Übersetzens, die im Zuge von Expert_inneninterviews befragt wurden. Diese Personengruppe prägt die Technologie durch ihre Vorstellungen von Übersetzung als Prozess und Produkt. MÜ-Forscher_innen und -Entwickler_innen müssen sich jedoch innerhalb eines technologischen Rahmens bewegen, der wiederum nur bestimmte Formen der maschinellen Bewerkstelligung von Übersetzen zulässt.

Die Untersuchung führt zur Erkenntnis, dass die MÜ-Forschung und -Entwicklung durch ein Wechselspiel aus menschlichen Vorstellungen, kommerziellen Interessen, wissenschaftlichen Fortschritten und technologischen Grenzen geprägt ist. Am Ende kommt es zu einer Transformation des Übersetzungsprozesses in die Mechanik der Maschine, was auch als metaphorischer Translationsvorgang verstanden werden kann.

Beurteilerin A (extern): Hanna Risku; Univ.-Prof. Dr.phil.

Beurteilerin B (intern): Nadja Grbić; A.o.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.

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Asker, Bassem

Titel: Zur Förderung der translationsorientierten Schreibkompetenz im Arabischen: Eine sprachdidaktische Studie im Kontext der Hochschullehre  

Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit zwei Fragestellungen: Einerseits der Frage, was unter ‚translationsorientierter Schreibkompetenz’ im Detail zu verstehen ist und andererseits, wie diese im arabisch-deutschen Translations-Bachelorstudium in Bezug auf bestimmte Berufsfelder effizient gefördert werden kann. Weiterführend widmet sich die Arbeit den Fragen, inwieweit die translationsorientierte Schreibkompetenz ein spezifischer Bereich der ‚allgemeinen‘ Schreibkompetenz ist, welche domänenspezifischen Merkmale dazugehören und über welche translationsorientierten Schreibkompetenzen die Arabisch-Studierenden am Ende des BA-Studiums verfügen sollen. 
Der Erkenntnisgewinn dieser Studie ist sowohl theoretischer als auch pragmatischer bzw. empirischer Natur. Der theoretische Erkenntnisgewinn, den die Studie der Translationswissenschaft und gleichzeitig der Sprachdidaktik bietet, liegt in der Vorlage eines neuen Modells der translationsorientierten Schreibkompetenz und ihrer Subkompetenzen. Das Modell wird als Baustein für ein umfassendes Konzept einer translationsorientierten Sprachdidaktik angesehen. Der pragmatische Erkenntnisgewinn wurde im Rahmen einer Fallstudie durch Förderung und Verbesserung der translationsorientierten Schreibkompetenz der Arabisch-Studierenden erlangt. Dieser wurde durch Optimierungsverfahren der Didaktik im Arabisch-Unterricht sowie durch die Erstellung eines Lehrbuchs erreicht, das eine praxisnahe Textauswahl bietet, die die Arabisch-Studierenden des Bachelorstudiums später für verschiedene Berufsfelder sowie ihr weiteres Studium benötigen. Der praktische Erkenntnisgewinn soll die Lehrenden dabei unterstützen, ihre Unterrichtskonzepte und Materialien kritisch nach deren Relevanz für die Förderung des translationsorientierten Spracherwerbs zu evaluieren und zu adaptieren. 

Schlüsselwörter:
Translationsorientierte Schreibkompetenz, Lehrbuchdesign, Kompetenzmodell, Sprachdidaktik

Beurteiler A (intern) Newby David; Ao.Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.

2018

 

Korak, Christina

Titel: Dolmetschen und Übersetzen in der indigenen Gemeinschaft der Waorani des Amazonasgebietes Ecuadors. Eine explorative Feldstudie

Kurzfassung: The central research question of this thesis addresses the interrelations between bi- and plurilingualism, legal, economic, (language-) policy-related and socio-cultural influence factors and translation activities in the Waorani indigenous community of Ecuadors Amazon rainforest. An in-depth examination investigates which people, institutions and organizations determine the language(s) spoken in the community and which actors due to which special characteristics decide on whether or not to interpret as well as how translation activities evolve in practice. Drawing upon the field studys findings, the aim is to establish parameters of interpreting and translating that serve as the basis for new conceptualizations of translation. In line with ethnographic life-world analysis (Lebensweltliche Ethnographie), the methodological framework for addressing the research questions includes 15 months of ethnographic participating observation in villages and towns, ero-epic dialogues (ero-epische Gespräche) and interviews as well as a questionnaire survey. One result shows the deployment of translational action by bilingual Waorani who interpret for monolingual Waorani. This comes to the fore as fluid Going-Between for, with or against the community, and is hard to locate for all communication participants. However, it also shown how decisions based on translational action to not speak Spanish, to continue speaking the indigenous language Waoterero, to not interpret for community outsiders as well as to voice warnings or to further the elders cultural practices enable community-based resistance. Additional findings characterize translation as merely prestige-oriented acts employed by the majority society. In conclusion and building on five parameters derived from these and other results, approaches of translation such as universal bridge-building are critically discussed.        

Beurteiler A (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Eberhart, Helmut, Ao.Univ.-Prof. i.R. Dr.phil.

 
2017

Almasy, Karin

Titel: „…za Boga in véro, za cesarja in domovino!“ Translationskultur und ideologische Steuerung in slowenischen Schullesebüchern (1848–1918)

Kurzfassung: Das Dissertationsprojekt untersucht die übersetzerische Praxis in slowenischen Schullesebüchern zwischen 1848 und 1918. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass durch die Quellengattung Schulbuch der Werte-, Themen- und Literaturkanon rekonstruierbar ist, der zu einem gewissen Zeitpunkt in einer gewissen Gesellschaft dominant ist. Im slowenischen Fallbeispiel ist die Bedeutung von Schulbüchern als historische Quelle auch deshalb hervorzuheben, weil sich die slowenische Sprachentwicklung hin zu einer einheitlichen Nationalsprache im Wesentlichen erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts vollzieht und zeitgleich die Produktion von Schulbüchern erst nach dem Revolutionsjahr 1848 einsetzt. Ein erheblicher Anteil der Texte in Schulbüchern  sind Übersetzungen, oft nur wenig oder gar nicht als solche kenntlich gemacht. Der Beitrag von Übersetzungen zur Entwicklung einer ‚einheitlichen Nationalsprache‘, die alle Funktionsanwendungen selbst abdecken kann, wurde jedoch bislang im national-emanzipatorischen Diskurs meist ausgeblendet: Es galt nationalen Besitzsand aufzubauen und nach innen und außen als symbolisches Kapital auszuweisen, um vom Deutschen dominierten gesellschaftspolitischen Umfeld ein gleichwertiger Mitspieler zu werden: Deshalb fokussierte man auf „Originalität und Reinheit“, auf „das heilige Original“, ergo auf die originäre slowenische Textproduktion, was Übersetzungen von vornherein einen sekundären Status zuwies. Dabei wären gerade die großen und raschen Fortschritte in der slowenischen Sprach- und Nationalentwicklung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ohne Übersetzung gar nicht möglich gewesen, da die Sprache der höheren Bildung, über die der gesamte höhere Wissenstransfer erfolgte, unbestritten das Deutsche (bzw. teilweise Italienische und Tschechische) war. Ziel der Dissertation ist es deshalb, für das slowenische Fallbeispiel zu erforschen, welche Rolle Übersetzungen in Schulbüchern und damit im Schulwesen spielten, den vermittelten Werte- und Themenkanon in den Übersetzungen zu eruieren und zu analysieren, inwiefern und in welchem Ausmaß Übersetzungsprozesse eine Rolle bei der ideologischen Steuerung und Erziehung der Jugend zu „guten“ SlowenInnen, KatholikInnen und kaisertreuen PatriotInnen spielten. Gefragt wird dabei nach der übersetzerischen Praxis in der staatlich kontrollierten und reglementierten Textsorte Schulbuch, der Zensur und dem Genehmigungsverfahren, den einzelnen Akteuren, ihrem Handlungsspielraum und ihrer individuellen Einflussnahme.

Beurteiler A (intern) Prunč, Erich; Em. Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (extern) Žigon, Tanja; Dr.in 

   

Nuc, Aleksandra

Titel: Slowenische Translatoren treffen auf Asklepios. Die Übersetzungen des Reichsgesetzblattes ins Slowenische am Beispiel der Gesetzestexte über die pharmazeutische Berufs- und Hochschulbildung im Zeitraum von 1848 bis 1918

Kurzfassung: Das offizielle Veröffentlichungsblatt der gesamtstaatlichen Gesetzgebung der Habsburgermonarchie im Zeitraum von 1848 bis 1918, das Reichsgesetzblatt (RGBl.), wurde aus der deutschen Originalfassung in zehn weitere Sprachen des Vielvölkerstaates, darunter auch die slowenische Sprache, übersetzt. Da die slowenische Sprache zu Beginn dieses Zeitraumes noch nicht normiert und weder als eine Verkehrs-, Amts- noch Bildungssprache etabliert war, stellte dieses Übersetzungsprojekt für die Translatoren bzw. Redakteure der slowenischen Ausgabe des RGBl., Matej Cigale, Karel Štrekelj und Fran Vidic, eine große Herausforderung dar. In der Dissertation wurde am Beispiel der Gesetzestexte zur pharmazeutischen Berufs- und Hochschulausbildung die zentrale Forschungsfrage untersucht, in welchem Maße die Übersetzungen einen Einfluss auf die Standardisierung der slowenischen Sprache hatten. Als methodische Rahmung wurde das hermeneutische Modell von Radegundis Stolze eingesetzt, das mit seinen vier rezeptions- und fünf textbezogenen Orientierungsfeldern eine „holistische“ Reflexion der Ausgangs- und Zieltexte ermöglicht. Eine zentrale Erkenntnis im Rahmen der forschungsleitenden Frage konnte im Bereich der in den slowenischen Translaten geprägten Neologismen gewonnen werden. Von den insgesamt 84 kumulativ bei allen drei Redakteuren behandelten AT-Termini wurden 34 Neologismen (40,5 %) geprägt. Davon gingen 13 (38,3 %) in den Sprachgebrauch des 19. Jahrhunderts und 19 (55,9 %) in den heutigen Wortschatz über. Auch auf der syntaktischen Ebene konnte die enorme Bedeutung dieser historischen Periode für den Ausbau der slowenischen Standard- und Fachsprache bewiesen werden. Der ersten Phase, in der eine AT-orientierte Übersetzungsmethode festzustellen ist, folgt eine zielsprachlich-orientierte Übersetzungsmethode, die die rechtliche Verbindlichkeit der Gesetzestexte nicht mindert, jedoch die Verständlichkeit der Gesetzestexte in der slowenischen Sprache wesentlich verbessert.

Beurteiler A (intern) Prunč, Erich; Em. Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.

   
2016      

Marics, Alexandra

Titel: Die Briefe Antoine-Isaac Silvestre de Sacys an Joseph von Hammer-Purgstall - translatorisch beleuchtet

Kurzfassung: Diese Dissertation versteht sich als Beitrag zur historisch orientierten Translationswissenschaft im Zusammenhang mit der französischen und der deutschsprachigen Orientalistik im ersten Drittel des 19. Jhs am Beispiel des französischen Orientalisten Antoine-Isaac Silvestre de Sacy. Seine in Bezug auf translatorische Tätigkeiten, Konzepte und Hilfsmittel gemachten Äußerungen, die in verschiedenen von ihm erstellten Paratexten, im Besonderen in seinen zwischen 1803 und 1837 an seinen österreichischen Fachkollegen Joseph von Hammer(-Purgstall) gesandten Briefen zutage treten, werden in das zuvor rekonstruierte soziokulturelle Umfeld de Sacys eingebettet. Mit Erich Prunč (u.a.) wird dieses Umfeld als Translationskultur verstanden, in der eine para-, eine dia- und eine idiokulturelle Ebene interagieren. Konkret beleuchtet werden, jeweils bezogen auf den genannten Zeitraum, die translatorische Parakultur Frankreichs, die translatorische Diakultur der französischen Orientalistik und die translatorische Idiokultur de Sacys, wobei im Zusammenhang mit letzterer vorwiegend translatorisch relevante Paratexte wie Vorworte, Kommentare und Rezensionen de Sacys, vor allem auch dessen an Hammer(-Purgstall) gesandte Briefe herangezogen werden. Aus diesen Quellen wird de Sacys Position in seiner Translationskultur in ihrem Wandel vor dem Hintergrund der sich im Untersuchungszeitraum vollziehenden Veränderungen klassischer französischer Geschmacksvorstellungen, der zunehmenden Säkularisierung und Differenzierung orientalistischer Berufsfelder und anderer Faktoren ermittelt. Ebenso erschließt sich aus ihnen die Abhängigkeit von de Sacys translationsbezogenen Konzepten von diversen textspezifischen Faktoren wie u.a. Ausgangs- und Zielsprache, Textsorte und Zielpublikum. Deutlich tritt auch die Unterschiedlichkeit in den Positionen des philologisch-theoretisch geprägten de Sacy einerseits und des von praktischem Erleben, aber auch von literarisch getragenem, gesamthaftem Erfassen des Orients geprägten Hammer(-Purgstall) andererseits zutage.

Beurteiler A (intern) Prunč, Erich; Em. Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Höflechner, Walter; Univ.-Prof. i.R. Dr.phil. MAS

   
2015

Reiter, Clara

Titel: In Habsburgs sprachlichem Hofdienst. Translation in den diplomatischen Beziehungen zwischen den habsburgischen Höfen von Madrid und Wien in der Frühen Neuzeit

Kurzfassung: In der Dissertation wird die Frage untersucht, wie sich Translation (hier begriffen als Übersetzen und Dolmetschen) in ihren verschiedenen Ausgestaltungen in den diplomatischen Beziehungen der habsburgischen Höfe im 16. und 17. Jahrhundert manifestierte und wo bzw. wie die AkteurInnen translatorischer Tätigkeiten im höfischen Kontext zu positionieren waren. Das untersuchte Korpus waren personenbezogene und institutionell-strukturelle Archivalien der habsburgischen Höfe von Wien und Madrid. Als methodische Rahmung wurde die histoire croisée eingesetzt, durch deren mehrperspektivischen Ansatz translatorische AkteurInnen und auch Translate strukturiert auf verschiedenen Untersuchungsebenen und in unterschiedlichen Analysedimensionen untersucht werden konnten. Die Analyse der kartografisch-räumlichen, politischen, wirtschaftlichen und beruflich-biografischen Positionierung translatorischer AkteurInnen verweist auf die zunehmende Differenzierung ihres Berufsprofils an den habsburgischen Höfen. In den Karriereverläufen der untersuchten Personen werden europaweite Mobilität, Loyalität und familiäre wie auch berufliche Netzwerke sichtbar gemacht. Die Analyse der schriftlichen Translate bringt Erkenntnisse darüber, welche Textsorten in diplomatischen Beziehungen und im höfischen Kontext für welche Funktionen übersetzt wurden. Eine zentrale Erkenntnis der Arbeit ist, dass Translation in machtpolitischen Überlegungen und administrativen Grundentscheidungen der habsburgischen Höfe eine wesentliche und bisher weit unterschätzte Rolle spielte. Das durch die Entwicklung der Administration bedingte hohe Translationsaufkommen führte zu einer starken Institutionalisierung von Translation am spanischen Hof, die in dieser Form am Wiener Hof nicht nachgewiesen werden konnte. Translation war in der Frühen Neuzeit ein häufig unsichtbares Element höfischer Diplomatie, dessen Bedeutung durch die strukturellen Veränderungen der jeweiligen Herrschaftsgebiete stetig zunahm.

Beurteiler A (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Beurteiler B (intern)  Pieper, Renate; O.Univ.-Prof. Dr.phil.

2011

Bayer-Hohenwarter, Gerrit

Titel: Die Entwicklung translatorischer Kreativität

Kurzfassung: In dieser empirischen Arbeit, einem Teilprojekt der Longitudinalstudie TransComp, wird untersucht, was translatorische Kreativität ist, wie sie gemessen werden kann und wie sie sich entwickelt. Auf der Basis kreativitätspsychologischer und translationswissenschaftlicher Erkenntnisse wird translatorische Kreativität als Leistungsmerkmal definiert, das im Übersetzungsprozess und/oder produkt an Ausdrucksformen der Dimensionen Originalität, kognitiver Flexibilität, Denkflüssigkeit und Translatqualität erkennbar wird. Hierauf wird ein Bewertungsverfahren entwickelt, in dem translationsrelevante Indikatoren den definierten Bewertungsdimensionen zugeordnet werden. Ein zentraler Indikator sind die kreativen Shifts. Diese kognitiven Shifts umfassen die Typen Abstraktion, Modifikation und Konkretisierung, die im Gegensatz zu wörtlichen Reproduktionen als kreativ gelten können. Mit allen Indikatoren wird erhöhter kognitiven Aufwand gemessen, der sich in Form von Nicht-Wörtlichkeit oder kreativem Problemlösen zeigen kann. Acht Versuchstexte werden fünf Berufsübersetzern und zwölf Studierenden des Bachelor-Studiengangs transkulturelle Kommunikation der Karl-Franzens-Universität Graz zur Übersetzung vorgelegt, wobei es für die Studierenden fünf Messzeitpunkte jeweils zu Beginn ihrer ersten fünf Semester gibt. Die Versuchspersonen übersetzen laut denkend an einem PC-Arbeitsplatz mit Software zur Aufzeichnung von Tastatur- und Bildschirmaktivitäten. Im Anschluss werden Frage-bogendaten erhoben und retrospektive Interviews geführt. Aus den acht Versuchstexten werden jeweils vier Analyseeinheiten ausgewählt, wobei jeweils zwei Einheiten Kreativitätspotenzial bzw. Routinepotenzial zugeschrieben wird. Für jedes Auftreten eines Kreativitätsindikators wird ein Bonuspunkt vergeben. Aus den Bonuspunkten werden mittels Summierung und Normierung relative Kreativitätswerte ermittelt. Die Translatqualität wird anhand funktionaler Kriterien von unabhängigen Bewertern bestimmt. Die Datendokumentation ist der Projekt-Homepage (http://gams.uni-graz.at/fedora/get/collection:gams/bdef:Collection/get) zu entnehmen. Die Ergebnisse stützen die Annahmen, dass translatorische Kreativität kompetenzabhängig und somit potenziell lehr- und lernbar ist und dass ihr Entwicklungsverlauf stark individuell ist. Es zeigt sich auch, dass erfahrenere Übersetzer ökonomischer zwischen einem kognitiv wenig beanspruchenden Routinemodus und einem kognitiv aufwändigen Kreativmodus wechseln. Allerdings erzielen die Berufsübersetzer bei schwierigeren Aufgaben nur teilweise einen größeren Leistungsvorsprung gegenüber den Studierenden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Berufsübersetzer zwar noch nicht als Experten gelten können, aber gewisse kreative Strategien verinnerlicht und sich den Markterfordernissen angepasst haben. Aus den Erkenntnissen werden zahlreiche didaktische und methodische Schlussfolgerungen abgeleitet.

Beurteiler A (intern) Göpferich, Susanne; Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.
Beurteiler B (extern) Jakobsen, Arnt Lykke; Dr.

Veit, Zita

Titel: Von „Die Tartarn in Ungarn“ bis zu „Moderne Helden“. Ungarisch-deutsche Dramenübersetzungen in der Habsburgermonarchie und ihre Ungarnbilder  

Kurzfassung: In der Dissertation werden die Wurzeln einer noch immer aktuellen Wahrnehmung Ungarns erforscht. In der deutschsprachigen Literatur bildete sich Anfang des 19. Jahrhunderts ein romantisches Ungarnbild heraus, das unter dem Begriff Liebe, Wein und Freiheit zusammengefasst werden kann. Es wird von der These ausgegangen, dass die publizierten ungarisch-deutschen Dramenübersetzungen der Habsburgermonarchie im 19. Jahrhundert dieses romantische Ungarnbild auch in ihren Peritexten unterstützten und festigten. Dramenübersetzungen trugen zur Konstruktion eines bestimmten Bildes der gesamten ungarischen Literatur im deutschen Sprachraum der Monarchie bei. Die Analysen zu den Dramenübersetzungen basieren auf den Überlegungen des Soziologen Pierre Bourdieu sowie dem kulturwissenschaftlichen Ansatz des power turns von Edwin Gentzler und Maria Tymoczko. Die Analyse selbst stützt sich methodisch auf das Instrumentarium Gérald Genettes und wurde für den spezifischen Anlassfall, die Analyse der Peritexte, erweitert. Im Rahmen der Untersuchung wurde als erster Schritt das Korpus der publizierten ungarisch-deutschen Dramenübersetzungen im 19. Jahrhundert in der Habsburgermonarchie erarbeitet, wobei auch die ÜbersetzerInnen und ihr Umfeld erforscht wurden. Durch die Analyse der Peritexte der Dramenübersetzungen kann dargestellt werden, ob und wie an bereits bestehende Wahrnehmungs- und Repräsentationsschemata angeknüpft, das tradierte Ungarnbild angepasst oder versucht wurde, neue zu etablieren. In Cisleithanien wurde das bereits bestehende romantische Ungarnbild Liebe, Wein und Freiheit auch in den Peritexten der Dramenübersetzungen bedient und damit gefestigt, das transferierte Bild ist jedoch facettenreicher. Angesichts der geographischen, historischen und soziokulturellen Verortung des deutschsprachigen Publikums in Cis- und Transleithanien wurden die ungarische Kultur und ihre Stereotypen in den beiden Reichshälften unterschiedlich repräsentiert.    


Beurteiler A (intern) Prunc, Erich; Em.Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Binder, Dieter-Anton; Ao.Univ.-Prof. Dr.phil. tit.Univ.-Prof.

Vorderobermeier, Gisella Maria

Titel: Kontextabhängigkeit des übersetzerischen Habitus? Zur Genese translatorischer Praktiken aus soziologischer Sicht

Kurzfassung: Die Dissertation beschäftigt sich aus übersetzungssoziologischer Sicht mit Werdegängen literarischer ÜbersetzerInnen, zu denen kaum Daten systematischer Art verfügbar sind. Als theoretisch gehaltvoller und in der Disziplin seit geraumer Zeit bewährter Ansatz bietet sich hier das Habituskonzept von Bourdieu an. Dieses wird dem „sozialen Gewordensein“ in seiner ganzen Komplexität gerecht. Bisherige Arbeiten haben es vermocht, das Konzept von einer translationswissenschaftlichen Warte aus beträchtlich zu erweitern. Allerdings geschah dies anhand von Einzelbiografien bzw. eines vorab eingeschränkten Personenkreises oder aber auf abstrakter Ebene. Eine empirisch abgestützte Ausweitung auf die fragliche Personengruppe als solche dagegen stand bislang aus, obwohl Konsens ist, dass es den übersetzerischen Habitus schlechthin nicht geben kann. Die zur inhaltlichen Konkretisierung dieser Grundannahme erforderliche Datenbasis wird mit vorliegender Arbeit geschaffen und theoretisch erschlossen. Eruiert wird, wie kontextabhängig und wandelbar der übersetzerische Habitus tatsächlich ist und woran sich eine etwaige Pluralität solcher Prägungen festmachen lässt. Die empirische Grundlage bilden zwei ineinander verschränkte Studien. Eine schriftliche Befragung literarischer ÜbersetzerInnen im deutschsprachigen Raum nähert sich der Problemstellung basierend auf einer methodisch über den Bereich der deskriptiven Statistik hinausreichenden Auswertung von über 200 Fragebögen. Die exemplarische Interpretation dreier berufsbiografischer Interviews in ihrer methodischen Orientierung an entsprechenden Schlüsseltexten Bourdieus identifiziert darauf aufbauend berufsbiografische Stationen in deren jeweiliger Bedeutung. So werden soziale Konstruktionsprozesse nachvollziehbar, welche zur „übersetzerischen Persönlichkeit“ führen. Im Ergebnis erweisen sich die Befragten gegenüber anderen beruflichen/sozialen Gruppen (wie etwa polyglotten Personen) als distinkte Gruppe mit gemeinsamen Merkmalen. So besteht eine hohe Stabilität, ja ein Beharrungsvermögen, auf der Ebene von Einstellungen zum Übersetzen. Zugleich variieren Prägungen in systematisierbarer Weise: Subgruppenunterschiede legen nahe, Perioden des Verbleibs in anderen „Feldern“ (Kontextabhängigkeit) in ihrer Auswirkung auf den übersetzerischen Habitus stärker zu berücksichtigen. Im Verlauf der Arbeit kristallisiert sich die ganze Ambivalenz des Literaturübersetzens als Berufstätigkeit heraus, die Erhalt und Verfeinerung kulturellen Kapitals erlaubt, ohne dass dies unbedingt seine Entsprechung in einem Zuwachs an Bestimmungsmöglichkeiten fände.

Beurteiler A (intern) Prunc, Erich; Em.Univ.-Prof. Dr.phil.
Beurteiler B (intern) Wolf, Michaela; Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil.

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